Die Kultur Polens

  1. Polen und Europa
  2. Musik
  3. Film
  4. Literatur

Polen und Europa

Polen hat reichlich aus dem Kulturerbe des Westens geschöpft, aber Polen selbst hat auch es bereichert. Im 19. Jahrhundert in Paris haben Adam Mickiewicz- der große Dichter der polnischen Romantik- „Pan Tadeusz” geschrieben und Fryderyk Chopin seine Polonaisen und Mazurkas gespielt. Nach London ist der junge Teodor Józef Konrad Korzeniowski gefahren, um auf die Blätter der englischen Literatur wie auch der Weltliteratur als Joseph Conrad einzugehen. In die Vereinigten Staaten sind mit dem Schiff gefahren: Helena Modrzejewska-Modjeska, um den Ruhm als große Schauspielerin des amerikanischen Theaters zu erobern und auch Ignacy Paderewski – der legendäre Klaviervirtuose auf beiden Kontinenten. Dass dieser Verkehr dauert, zeugt das frische Beispiel: Nach einigen Jahrzehnten des Aufenthaltes in den USA, wo an der Universität in Berkeley Slawistik- Vorlesungen geführt hat, ist vor kurzem in die Heimat der Dichter Czesław Miłosz – der Nobelpreisträger in Literatur – zurückgekommen.

Übrigens über den engen Bund der zeitgenössischen polnischen Kultur mit der Weltliteratur überzeugt sich mit eigenen Augen jeder, der an die Weichsel kommt. Er wird sich davon überzeugen, wenn er den Kino- Spielplan durchsieht, kommt in Philharmonie, in ein Rockkonzert, in einen Jazz- Klub oder zur Disko. Oder wenn er Museen und Galerien besucht oder in die Buchhandlungen schaut. Er wird dann die offenbaren Ähnlichkeiten, aber auch die überraschenden Unterschiede sehen, weil die polnische Kultur und Kunst dabei eigene, originelle Worte, Bilder und Töne hat.

Musik

Für den Liebhaber der klassischen Musik bleibt Polen das Land von Fryderyk Chopin, mit dessen Polonaisen, Mazurkas und Walzern sich die hervorragendsten Klavierspieler seit anderthalb Jahrhundert in den prächtigsten Konzertsälen der Welt messen. Es ist die Heimat von Henryk Mikołaj Górecki, dessen 3. Sinfonie in einer amerikanischen Aufnahme eine über eine Million große Auflage erreicht hat. Das ist das Land von Krzysztof Penderecki, dessen „Sieben Tore von Jerusalem für Solisten, den Rezitator, drei Chöre und das Orchester” die Jubiläumsfeier dieser legendären Stadt verherrlicht haben.

Der ausländische Besucher der Philharmonie wird mindestens noch einige Namen von polnischen Komponisten nennen, deren Werke in das Weltrepertoire eingegangen sind. Und auch gastierende Dirigenten oder diese, die fremde Ensembles führen. Er erwähnt auch berühmte Pianisten wie Ignacy Jan Paderewski und Artur Rubinstein einst und heute Krystian Zimerman. Und auch Geigenspieler wie vor Jahren Henryk Wieniawski und heute der junge Bartłomiej Nizioł.

Das polnische Musikleben hat heute einige ständige Magneten. Die Weltschau der Neuheiten der Avantgarde, also Festspiele der zeitgenössischen Musik „Warszawska Jesień” („Warschauer Herbst”). Und die Breslauer Festspiele „Wratislavia Cantans“, mit großen vokal- instrumentalen Formen, von gregorianischen Chorälen bis Negro Spirituals. Und periodische Wettbewerbe, welche den Passierschein zum Weltruf geben, wie der Fryderyk- Chopin- Klavierwettbewerb und der Henryk- Wieniawski- Violinwettbewerb.

Polnische Künstler sind auch den Jazz- Liebhabern gut bekannt. Die Platten von Michał Urbaniak haben sich in der Welt in einer Auflage von 1,5 Mio. verbreitet. Adam Makowicz mit der Klavieraufnahme der Werke von Gershwin hat nicht nur das amerikanische Publikum begeistert. Warschauer Jazz Jamboree, das älteste Jazz- Festival in Europa, zieht Jahr für Jahr die Weltspitzengruppe dieser Musik heran.

Film

Der polnische Film, obwohl seine Anfänge tief in die Zeiten des stummen Kinos zurückgehen, begann als eine Kunsterscheinung in der 2. Hälfte des vergangenen Jahrhunderts zu rechnen. Die Teilnahme daran hatte – die in der Welt geschätzte- Staatliche Filmhochschule in Łódź, aus der eine Gruppe von begabten und von Werkstatt hier ausgezeichnet vorbereiteten Künstlern hervorgegangen ist. Das waren die Schöpfer, die mit dem gemeinsamen Namen „die polnische Filmschule” und „das Kino der moralischen Unruhe” bezeichnet wurden.

Das waren die Künstler, die ihre Werke in der Heimat geschaffen haben und auch diese, die ihren Ehrgeiz und Visionen im Ausland erfüllt haben. Zwei polnische Regisseure sind auf fünf Kontinenten bekannt und haben auf ihrem Konto Prestige- Preise: die Oscar- Preise vom Hollywood, die Goldenen Palmen aus Cannes und die Goldenen Löwen aus Venedig. Das ist der ununterbrochen in Polen wirkende Andrzej Wajda, der Autor von „Popiół i diament”(„Asche und Diamant”) und „Ziemia obiecana“ („Das gelobte Land”), „Człowiek z marmuru“ („Der Mann aus Marmor”) und „Człowiek z żelaza“ („Der Mann aus Eisen”). Und Roman Polański, der mit „Nóż w wodzie“ („Das Messer im Wasser”) in Polen seine Karriere begonnen hat und nach Jahren an die Weichsel zurückgekehrt ist, um den Film „Pianista“ („Der Pianist”) zu realisieren.

Jedoch ist die Liste der hervorragenden, in der Welt präsentierten und mit Preisen ausgezeichneten Regisseure lang. Und dabei zur Weltspitze sind auch polnische Kameraleute- wie mit Oscar ausgezeichneter Janusz Kamiński- eingegangen. Abgesonderte Plätze nehmen polnische Dokumentar-Regisseure und auch Schöpfer des Zeichentrickfilms ein, mit dem mit Oscar für „Tango” ausgezeichneten Zbigniew Rybczyński.

Es ist sehenswert, dass auf die Leinwände der großstädtischen Multikinos- mit dem identischen Standard wie in Berlin, Paris oder London- genauso schnell wie dort alle amerikanische und westeuropäische Hits treffen. Den zusätzlichen Kontakt mit den in- und ausländischen Neuheiten schaffen den Liebhabern der 10. Muse zahlreiche Filmfestspiele. Die größte Bedeutung haben drei von ihnen. Die alle Neuheiten des Jahres darstellenden Ganzpolnischen Spielfilmfestsspiele in Gdynia und Ganzpolnische und die Internationalen Krakauer Filmfestspiele, die in Kategorie der Dokumentar- und Kurzfilme stattfinden. Und auch die Internationalen Festspiele der Kameraleute „Camerimage ” in Łódź.

Literatur

Die polnische Literatur hat sich in das europäische Kulturerbe mindestens seit der Renaissance- Zeit eingeschrieben. Das 19. Jahrhundert, als sich Polen nach dem Verlust der Unabhängigkeit für über einhundertzwanzig Jahre unter fremder Besatzung befunden hat, hat man die Literatur mit der Mission aufgebürdet, die nationale Identität zu erhalten. Die großen Dichter der Romantik wie Adam Mickiewicz, Juliusz Słowacki, Zygmunt Krasiński wurden als nationale Seher und Propheten angesehen. Wiederum haben die Prosaiker der Zeit des Positivismus wie Henryk Sienkiewicz historische Romane aus der Geschichte Polens „zur Stärkung der Herzen” geschrieben. Aber nicht nur. Sienkiewicz hat den Nobelpreis für den Roman „Quo vadis?”- über die Anfänge der Bildung vom Christentum – erhalten und der jüngere von ihm Władysław Reymont für das den universellen Ausmaß habende Epos „Die Bauern”.

Das 20. Jahrhundert hat- wie man in der Welt sagt- die polnische Schule der Dichtung mitgebracht. Die schwere zur Einreihung Prosa von Witold Gombrowicz, das Absurditätstheater von Witkacy und die Groteske von Sławomir Mrożek. Die mit Kafka verglichene katastrophische Prosa von Bruno Schulz und Herling- Grudzińskis Abrechnung mit der Epoche von sowjetischen Gulagen (Straflagern). Dieses Jahrhundert brachte auch die polnische Schule der Reportage mit den Büchern von Ryszard Kapuściński mit, welche schon in siebzehn Sprachen übersetzt wurden. Das sind lediglich diskutabel ausgewählte Elemente der sehr reichen und differenzierten Mosaik.

Die Werke der polnischen Prosaiker, Dichter und Dramaturgen kann man immer leichter in der Welt treffen und der polnische Leser hat in der Regel den schnellen Zugang zu den Übersetzungen der hervorragenden Neuheiten der Weltliteratur. Zu einem traditionellen Überblick der fremdsprachlichen Neuerscheinungen ist die alljährlich stattfindende Internationale Buchmesse in Warschau geworden.