Der polnische Kapitalmarkt

Die Marktwirtschaft in Polen hat ein modernes Finanzsystem geschafft. Es sind Institutionen entstanden, die den Institutionen, auf deren Tätigkeit sich Kapitalmärkte der europäischen Länder stützen, ähnlich sind. Vor allem wurde das Banksystem reformiert. Man hat angefangen, einen modernen Kapitalmarkt zu gestalten. Darunter wurde erneut die Wertpapierbörse gegründet.

Eine neue Zentralbank – die Polnische Nationalbank (NBP) – ist entstanden, die Institution, die für die Wirtschaftsliquidität, die Geldemission und den Währungskurs verantwortlich ist. Es wurden Universalbanken gebildet, die angefangen haben, gewöhnliche Kapitalfunktionen auszuüben – Depots und Kreditgewährung. In Warschau wurden die Bank- und Börsenaufsichtsbehörde und die Geldpapierbörse, aus der 1994 das Depot der Wertpapiere ausgesondert wurde, berufen. In diesem Depot werden Wertpapiere in nicht materieller Form verwahrt. 1996 wurde auch ein geregelter Außerbörsen- Markt die sog. Zentrale Angebotstabelle/Centralna Tabela Ofert geschaffen.

Die fortschreitende Privatisierung, ausländische Investitionen, die Konsolidierung von Banken sowie die Entwicklung der Warschauer Börse haben den jetzigen polnischen Kapitalmarkt gestaltet.

Die Polnische Nationalbank (NBP)

Die Polnische Nationalbank als Zentralbank der Republik Polen für die Wirtschaftsentwicklung sorgend, trifft Maßnahmen zur Geldstabilisierung und zur Stabilisierung des Finanzsystems, deren Ziel es ist, die Grundlagen für eine dauerhafte wirtschaftliche Entwicklung zu schaffen. Das Hauptziel der Tätigkeit der Polnischen Nationalbank ist die Gewährleistung eines stabilen Preisniveaus. Gemäß der „mittelfristigen Strategie der Geldpolitik für die Jahre 1999-2003“, die durch den Rat für Geldpolitik erarbeitet wurde, ist das mittelfristige Ziel der NBP, die Inflation bis auf ein Niveau von unter 4 v. H. zu senken.

Dieses Ziel wurde im April 2002 erreicht. Die NBP beteiligt sich an der Führung der Bankenaufsicht, trifft Maßnahmen zugunsten des Zahlungssystems und wirbt für die Entwicklung einer sicheren Infrastruktur des Finanzmarktes. Zu den Faktoren, die helfen, diese Aufgaben zu realisieren, gehören u. a.: Monitoring sowie die Analyse der Finanzmarkt- und der Wirtschaftssituation sowie eine enge Zusammenarbeit zwischen den Institutionen, welche die übrigen Segmente des Finanzmarktes überwachen.

Eine der Hauptaufgaben der Polnischen Nationalbank ist die Verwaltung von Devisenreserven. In der Organisationsstruktur der Polnischen Nationalbank fällt die Verwaltung von Devisenreserven in die Zuständigkeit der Abteilung für ausländische Geschäfte, wobei die allgemeinen Grundsätze ihrer Investierung durch den Vorstand der Bank bestimmt und akzeptiert werden.

In Erfüllung der mit der Verwaltung von Devisenreserven zusammenhängenden Aufgaben, richtet sich die Polnische Nationalbank nach folgenden Regeln:

  • Erreichung des größten Sicherheitsgrades der angelegten Mittel
  • Gewährleistung eines erforderlichen Grades der Liquidität des Staates
  • Gewinnmaximierung

Ein wesentliches Element der Tätigkeit der Polnischen Nationalbank sind Unternehmungen, die einen Bildungscharakter haben, und deren Ziel es ist, das Wissen über die Wirtschaft und die Finanzmärkte in der Gesellschaft zu verbreiten.

Durch die Organisation und das Initiieren von wissenschaftlichen Forschungen trägt die Polnische Nationalbank zum Wachstum des wirtschaftlichen Bewusstseins der Gesellschaft und zur Verbesserung des Niveaus von Wirtschaftsinformationen, die den Staatsorganen und dem Finanzsektor übermittelt werden, bei.

Der Rat für Geldpolitik

Der Rat für Geldpolitik ist ein Organ der Polnischen Nationalbank, www.nbp.gov.pl/onbp/index.html. Jedes Jahr, gleichzeitig mit der Darstellung des Projekts des Budgetgesetzes durch die Regierung, bestimmt der Rat für Geldpolitik die Grundsätze der Geldpolitik. Der Rat bestimmt die Höhe der Zinssätze der Polnischen Nationalbank, die Regeln und Sätze einer obligatorischen Bankreserve, legt die Höchstgrenzen der Verpflichtungen fest, die sich aus der Darlehens- und Kreditaufnahme bei ausländischen Bank- und Finanzinstitutionen durch die NBP ergeben.

Die Zusammensetzung des Rates besteht aus: dem Vorsitzende(r) des Rates, der gleichzeitig Vorstandsvorsitzende(r) der NBP ist, sowie 9 Mitgliedern, die zu gleichen Teilen durch den Präsidenten der Republik Polen, den Sejm und den Senat berufen werden. Die Mitglieder des Rates für Geldpolitik werden für 6 Jahre berufen. Gegenwärtig haben folgende Personen einen Sitz im Rat der Geldpolitik:

der Vorsitzende des Rates für Geldpolitik Leszek Balcerowicz und die Mitglieder des Rates für Geldpolitik: Jan Czekaj, Marek Dabrowski, Boguslaw Grabowski, Cezary Józefiak, Wojciech Laczkowski, Jerzy Pruski, Dariusz Rosati, Grzegorz Wójtowicz und Wieslawa Ziólkowska.

Die Börsenaufsichtsbehörde (KPWiG)

Die Börsenaufsichtsbehörde (KPWiG) ist eine Behörde, die eine Aufsicht über die Einhaltung der Regeln des lauteren Verkehrs und Wettbewerbs im Bereich des öffentlichen Wertpapier- und Börsenwarenhandels führt. Darüber hinaus sorgt die KPWiG für die Sicherung eines allgemeinen Zugangs zu zuverlässigen Informationen über den Wertpapiermarkt und den Markt von Börsenwaren. Die Börsenaufsichtsbehörde arbeitet auch mit Regierungsverwaltungsorganen, der Polnischen Nationalbank, sowie Institutionen und Teilnehmern des öffentlichen Wertpapier- und Börsenwarenhandels im Bereich der Gestaltung der Wirtschaftspolitik des Staates zusammen. Zu den Aufgaben der Börsenaufsichtsbehörde gehört die ständige Kontrolle des Funktionierens aller Investmentfonds. Seit Entstehung der KPWiG ist Jacek Socha ihr Vorsitzender.

Die Wertpapierbörse (GPW)

Die Wertpapierbörse (GPW) hat ihre Tätigkeit im April 1991 begonnen. In der ersten Börsensitzung wurden lediglich 5 Gesellschaften notiert, und im ersten Jahr fanden die Börsennotierungen nur einmal in der Woche statt. Im Laufe von elf Jahren hat sich die Situation diametral geändert.

Zur Zeit gibt es 271 Gesellschaften im öffentlichen Verkehr, 49 Unternehmen gehen einer Maklertätigkeit nach und führen 1,2 Millionen Investitionskonten. Der jährliche Börsenhandel auf dem öffentlichen Markt hat im Jahre 2001 über 250 Mrd. Zloty und die Kapitalisierung der notierten Gesellschaften 130 Mrd. Zloty erreicht.

19 Gesellschaften, die 90 unterschiedliche Investmentfonds verwalten, sind registriert. Auf dem Markt sind sowohl institutionelle Anleger, offene Pensionsfonds, als auch kleine individuelle Anleger tätig. Die notierten Gesellschaften repräsentieren fast alle Wirtschaftssektoren. Die Rechtsvorschriften ermöglichen die Emission und die Anwendung von Innovationsinstrumenten und Investitionstechniken wie z.B. kurzfristiger Verkauf, Inhaberschuldverschreibungen, Derivative oder Zertifikate geschlossener Fonds eines erhöhten Risikos.

Im Jahre 2000 hat die Wertpapierbörse ein modernes System des Wertpapierhandels WARSET eingeführt, das u. a. die Führung von fortlaufenden Notierungen ermöglicht. Die Wertpapierbörse ist die größte Börse in Mittel- und Osteuropa. Der Börse stehen noch die Privatisierung und die Wahl einer weiteren Entwicklungsstrategie – ein Bündnis mit einem der europäischen Partner ist erforderlich – bevor. Die Börse hat bereits eine Vereinbarung mit Euronext, der paneuropäischen Börse mit Sitz in Amsterdam, unterzeichnet.

Gemäß dem „Konzept der Entwicklungsstrategie des polnischen Kapitalmarktes“ kommt es in den nächsten Jahren zur effektiveren Nutzung des Potentials von Pensionsfonds sowie zur Entwicklung des öffentlichen Kapitalmarktes durch u. a. den Aktienverkauf von Firmen aus dem Energiesektor.

Investmentfonds

In den entwickelten Marktwirtschaften spielen Investmentfonds bei der Entwicklung des Kapitalmarktes eine große Rolle. Ähnlich sieht es auch in Polen aus. Der Investmentfonds ist eine Institution, die Geldmittel, die von Teilnehmern gesammelt werden, in unterschiedlichen Finanzinstrumenten anlegt. Investmentfonds sind eine effektive Form der Sparanlage. Sie sind eine moderne Alternative zu Bankanlagen, einer unmittelbaren Wertpapieranlage sowie Kapitallebensversicherungen.

Im Zusammenhang mit der Einführung der Einkommenssteuer auf Bankanlagen am 1. März 2002 ist die Attraktivität von Investmentfonds in Polen gestiegen. Viele Fonds ermöglichen die Auftragserteilung per Telefon, Fax oder Internet, ohne dass die Kunden mit zusätzlichen Gebühren belastet werden. Das Gesetz über Investmentfonds ermöglicht auch die Tätigkeitsentwicklung z.B. durch die Vermittlung von Versicherungsagenten. 2001 haben die Polen den fast 100 Investmentfonds über 10 Mrd. Zloty (2,7 Mrd. Euro) anvertraut.

In Polen sind 19 Investmentfonds tätig.

Kommerzielle Banken

In Polen gibt es 71 kommerzielle Banken, von denen 69 Banken eine operative Geschäftstätigkeit führen. Die Polen besitzen bei den Banken bereits über 13 Mio. persönliche Konten. Auf Konten und in Festgeldanlagen bei den Banken liegen über 200 Mrd. Zloty. Der Wert von Krediten, die Privatpersonen und Firmen durch die Banken gewährt wurden, hat 200 Mrd. Zloty überschritten. Es gibt immer mehr Kreditkarten. In Polen wurden über 12 Mio. Kreditkarten ausgestellt, was Polen einen Platz in der europäischen Spitzengruppe sichert.

Dies ist jedoch erst das Ergebnis der ersten Dekade der Entwicklung des modernen Bankensystems. Die nächsten Jahre bringen sicherlich ein weiteres Wachstum dieses Sektors. Gem. Forschungen werden Bankdienstleistungen durch die Polen immer noch seltener genutzt als dies im Falle der Bürger der EU-Mitgliedstaaten ist.

Die meisten Banken in Polen gehören ausländischen Investoren. Ende 2001 besaßen die Banken mit einem Übergewicht des ausländischen Kapitals über 70 v. H. Eigenkapital und der Aktiva. Leader des polnischen Bankwesens ist jedoch immer noch eine staatliche Bank. Die PKO BP SA hat die größte Kontenzahl und die größten Aktiva. Das Privatisierungsprogramm dieser Bank ist im Laufe der Vorbereitung.

Die übrigen Banken aus der Spitzengruppe gehören ausländischen Investoren. Die Bank Pekao S.A., bei der das Mehrheitsaktienpaket die UniCredito Italiano hält, nimmt den zweiten Platz ein. Hinsichtlich der Aktiva belegt Bank Handlowy, die zur Citybank-Gruppe gehört, den dritten Platz.

Auf dem Markt der Privatkundenbedienung nimmt den dritten Platz die Bank ein, die durch die Fusion von Bank Przemyslowo-Handlowy mit Powszechny Bank Kredytowy entstanden ist. Die BPH gehört zur Gruppe der deutschen HypoVereinsbank. In der Spitzengruppe sind ebenfalls Bank Zachodni WBK mit Allied Irisch Bank als Investor und die holländische ING Bank Slaski platziert.

Neben den kommerziellen Banken sind in Polen über 600 Genossenschaftsbanken tätig. Nach Meinung der Banker kann sich erweisen, dass sie „ein unentdeckter Schatz der Wirtschaft Polens“ sind. Insgesamt besitzen sie 2,4 Tausend Vertretungen im ganzen Land. Die Genossenschaftsbanken gibt es sogar in ganz kleinen Städten, wo sie oft die einzigen Bankvertretungen sind.

Die in Polen tätigen Banken erweitern ständig ihr Angebot für Firmen und individuelle Kunden. U. a. wird das Internetbankwesen eingeführt, das die Nutzung von fast allen Bankdienstleistungen ermöglicht und wodurch den Kunden der Besuch am Sitz der Bank erspart bleibt. Es sind auch drei virtuelle Banken tätig, deren Dienstleistungen die Kunden nur per Internet oder Telefon nutzen können.

Die Kontrolle über den Bankenmarkt wird durch den Ausschuss der Bankenaufsicht ausgeübt, der ein Teil der Polnischen Nationalbank ist. Er wird durch das Generalinspektorat der Bankenaufsicht unterstützt. Die Aufgabe dieser Institutionen ist die Kontrolle der Tätigkeit und der Finanzsituation der Banken. In Polen gibt es auch einen Verband der Banken und der damit zusammenarbeitenden Institutionen – Verband polnischer Banken/Zwiazek Banków Polskich, der u. a. die Grundsätze einer ordnungsgemäßen Kundenbedienung bestimmt und zugunsten der Entwicklung des Banksektors in Polen handelt.

Versicherungsmarkt

In den ehemaligen kommunistischen Ländern spielt Polen im Reform- und Transformationsprozess des Versicherungsmarktes eine Pionierrolle. Polen besitzt das modernste Versicherungssystem in Mittel- und Osteuropa, und die Regulierung des Versicherungsmarktes selbst entspricht im großen Maße dem in den EU-Mitgliedstaaten geltenden System.

Durch die Gründung des Garantiefonds und des Fonds zur Absicherung der Versicherungsnehmer werden Interessen der Opfer von Unfällen, die einer obligatorischen Versicherung unterliegen, geschützt und können negative Folgen der Insolvenz von Versicherungsgesellschaften vermieden werden.

Der polnische Versicherungsmarkt ist gegenüber neuen polnischen und ausländischen Versicherern offen, wobei in diesem Sektor jedoch immer noch die staatliche Form dominiert – über die Hälfte des Vermögensversicherungsmarktes gehört zur Staatlichen Versicherungsanstalt (PZU). Fast denselben Anteil an Lebensversicherungen besitzt PZU Zycie.

Der Wert der Aktiva der Versicherungsgesellschaften lag im Jahre 2001 bei 44,7 Mrd. Zloty (12 Mrd. Euro), was 6 v. H. des polnischen Landesbruttoprodukts darstellte. Über drei Viertel dieses Betrages wird in sichere Schuldverschreibungen, d. h. hauptsächlich in Schuldverschreibungen des Staatsschatzes angelegt.

Die Versicherungsgesellschaften unterliegen der Kontrolle der Kommission für Versicherungs- und Pensionsfondsaufsicht. Die Kommission beaufsichtigt das richtige Funktionieren des Versicherungsmarkes, so dass Interessen der Versicherungsnehmer unverletzt bleiben. Der Ausschuss erteilt auch die Lizenzen für Versicherungsagenten. Eine separate Institution, die den Versicherungsmarkt in Polen beaufsichtigt, ist der Sprecher der Versicherungsnehmer, der für die Dauer von 4 Jahren durch den Finanzminister berufen wird. Zu den Hauptpflichten des Sprechers gehören Vertretung und Schutz des Interesses der Kunden der Versicherungsgesellschaften.

1999 hat Polen ein modernes Pensionssystem eingeführt. Die Hauptregel dieses Systems soll die Gewährleistung von sicheren Pensionen durch die Vielfalt des Systems sein. Die Pension der Polen wird aus drei unterschiedlichen Quellen d. h. sog. Säulen stammen. Die erste ist die Sozialversicherungsanstalt (ZUS), an die Firmen verpflichtet sind, 19,52 v. H. der Einkommen ihrer Angestellten abzuführen. Ihr Geld wird auf individuellen Konten gesammelt und für die künftige Pension bestimmt. Die zweite Säule stellen private Pensionsfonds dar. Die Beteiligung an diesen Fonds ist ebenfalls obligatorisch. Die Sozialversicherungsanstalt übergibt ihnen nämlich einen Teil dessen, was sie von den Arbeitgebern erhalten hat. Der künftige Pensionär hat die Möglichkeit, den Fonds, der für die Absicherung seines Alters sorgen wird, frei zu wählen. Die Fonds legen das ihnen anvertraute Geld auf dem Kapitalmarkt an und haben die ihnen anvertrauten Mittel zu vermehren.

Die Tätigkeit der Allgemeinen Pensionsgesellschaften beaufsichtigt die oben genannte Kommission zur Versicherungs- und Pensionsfondsaufsicht. Sie sorgt für die Pensionssicherheit und die Einhaltung der Regeln hins. der Investierung.