Polnische Präsidenten
Im polnischen Rechtssystem spielt der Präsident eine bedeutende Rolle, der er in der fünfjährigen Amtszeit gerecht werden muss.
Die Rechte und Pflichten des Präsidenten sind in der Verfassung vom April 1997 festgeschrieben. Laut Grundgesetz ist er Staatsoberhaupt, oberster Repräsentant des Landes und Garant für die kontinuierliche Handlungsfähigkeit der Staatsgewalt. Dies bedeutet, dass er an der Spitze der Exekutive steht, Polens Interessen im Ausland vertritt, über die Einhaltung der Verfassung und über die innere Sicherheit wacht.
Der Präsident legt den Zeitpunkt für die Parlamentswahlen fest. In besonderen Fällen darf er das Parlament vorzeitig auflösen. Er kann bei Angelegenheiten, die für den Staat wichtig sind und die das Votum aller Bürger erfordern, einen Volksentscheid anordnen. Dies betrifft zum Beispiel die Abstimmung über Polens EU-Beitritt.
Der Präsident kann – unabhängig vom Parlament – den Ministerpräsidenten benennen. In der Praxis berücksichtigt er allerdings, dass der Kandidat für dieses Amt über eine ausreichende parlamentarische Mehrheit verfügen sollte.
Der Präsident nimmt direkten Einfluss auf die Gesetzgebung, wenn er von seinem Vetorecht Gebrauch macht. Der Sejm kann sein Veto zwar ablehnen, benötigt hierfür aber drei Fünftel aller Stimmen, wobei mindestens die Hälfte der Abgeordneten (230) abstimmen muss. Bevor er ein Gesetz unterschreibt, kann er sich auch an das Verfassungsgericht wenden, damit dieses prüft, ob das Gesetz im Einklang mit dem Grundgesetz steht. Das hat in der Praxis einen entscheidenden Einfluss auf das Gesetzgebungsverfahren.
Der Präsident kann als oberster Vertreter des polnischen Staates internationale Verträge ratifizieren und kündigen, Botschafter ernennen und abberufen sowie Akkreditierungen für ausländische Diplomaten aussprechen. Er entscheidet auch über die Verleihung von Auszeichnungen und staatlichen Verdienstorden. Ferner hat er das Gnadenrecht, d. h. er kann rechtskräftig verhängte Strafen aufheben. Im Allgemeinen berät der Präsident solche Entscheidungen mit dem Justizminister.
Der Präsident ist Oberbefehlshaber der Streitkräfte, er ernennt den Chef des Generalstabs und die Befehlshaber aller militärischen Truppengattungen. Im Verteidigungsfall ernennt er den Befehlshaber der Streitkräfte und kann die allgemeine Mobilmachung anordnen.
Er erfüllt seine Aufgaben in Zusammenarbeit mit dem Präsidialamt, dem Büro für Nationale Sicherheit und seiner Beratergruppe.
Die Funktion des Präsidenten, der direkt vom Volk gewählt wird, hat in Polen keine lange Tradition. Nach der Wiedererlangung der Unabhängigkeit 1918 wurden die Staatspräsidenten vom Parlament gewählt. Nach dem zweiten Weltkrieg herrschte in Polen eine kommunistische Diktatur die erst mit der Entstehung der Solidarnosc (Solidariät) Gewerkschaft in den achziger Jahren ein Ende fand. Unter der Leitung des Gewerkschaftsführers Lech Walesa gelang es der Solidarnosc am vierten und achten Juni 1989 die erste nicht kommunistische Regierung zu stellen mit Tadeusz Mazowiecki als polnischen Ministerpräsidenten und ab Dezember 1990 Lech Walesa als ersten durch das Volk gewählten Staatspräsidenten nach dem kommunistischen Regime.
Erst Dezember 1995 gab es einen Machtwechsel bei dem Aleksander Kwasniewski, aus der sozialdemokratischen Partei SdrP, als neuer Staatspräsident hervorging und auch bis zum Jahre 2005 blieb als Lech Walesa erneut das Amt übernahm.
Der nächste Präsident Polens, Lech Kaczynski, gewann 2005 die Präsidentschaftswahlen mit der nationalkonservativen Partei Prawo i Sprawiedliwosc (PiS, dt. Recht und Gerechtigkeit).
Der promovierte Jurist bekleidete bereits die Ämter des Senators im Polnischen Senat, Justizminister Polens und des Oberbürgermeister Warschaus.
Sein Zwillingsbruder Jaroslaw Kaczynski wurde nach dem Rücktritt des Ministerpräsident Kazimierz Marcinkiewicz im Juli 2006 der neue Ministerpräsident Polens.
Die überraschende Wende der Kaczynski Regierung kam am 21. Oktober des Jahres 2007 als Donald Tusk, Chef der liberalen Bürgerplattform (PO), Jaroslaw Kaczynski und seine Partei Recht und Gerechtigkeit (PiS) mit deutlicher Mehrheit schlug und der neue Ministerpräsident Polens wurde. Die Mehrheit im polnischen Parlament besaß die neu gegründete Koalition zwischen der liberalen Bürgerplattform (PO) und der polnischen Bauernpartei (PSL). Auch bei der Parlamentswahl im Oktober 2011 blieb die PO stärkste Kraft im Parlament und die Koalition mit der PSL bildete weiterhin die Regierung.
Im Jahr 2014 übernahm Ministerpräsident Donald Tusk den Posten des Präsidenten des Europäischen Rates – neue Ministerpräsidentin Polens wurde Ewa Kopacz.
Bei der Parlamentswahl 2015 kam es zum Machtwechsel: Die PiS gewann bei den Wahlen mit absoluter Mehrheit und Beata Szydło. In diese Legislaturperiode fällt auch die Polnische Verfassungskrise ab 2015. Diese wurde ausgelöst, als die rechtspopulistische PiS mithilfe neuer Gesetze mehr Macht über den Verfassungsgerichtshof erlangt und somit die Unabhängigkeit der Judikative in der Gewaltenteilung teilweise ausgehebelt hat. Diese Krise hat unter Anderem zum Entstehen der Protestbewegung „Komitee zur Verteidigung der Demokratie“ beigetragen. Beata Szydło trat im Jahr 2017 als Polnische Ministerpräsidentin zurück und wurde durch Mateusz Morawiecki (PiS) ersetzt.
Zu einem Regierungswechsel kam es nach der Parlamentswahl im Jahr 2023: Die bisherige Opposition erlangte der Mehrheit bei der Wahl, wodurch Donald Tusk zum zweiten Mal den Posten des Polnischen Ministerpräsidenten übernahm. Im Vorfeld der Wahl kam es zu einem vergleichsweise aggressiv geführten Wahlkampf. Aus Deutscher Sicht ist es interessant, dass die PiS hier unter anderem mit antideutschen Stereotypen die Mehrheit der Wähler von sich zu überzeugen wollte – ohne Erfolg. Stärkste Partei in der Polnischen Regierung seit 2023 ist die liberale KO.