Sozialhilfesystem

Polen zählt fast 40 Mio. Einwohner, wovon die meisten trotz relativ niedriger Einkünfte in finanziell stabilen Verhältnissen leben. Wie in allen europäischen Ländern kann sich in Polen ein Teil der Gesellschaft nicht allein versorgen und braucht Hilfe vom Staat oder von nichtstaatlichen Organisationen. Diese Menschen haben es durch die raschen sozialen und ökonomischen Umwälzungen der letzten Jahre zusätzlich schwer. Mangelnde Wettbewerbsfähigkeit, der Untergang vieler staatlicher Betriebe und Unflexibilität führten zu einer höheren Arbeitslosigkeit, die in nördlichen Regionen 25 % übersteigt (Landesdurchschnitt 17 %). Der größte Teil der Sozialhilfe ist für Arbeitslose und ältere und alleinstehende Personen bestimmt, die sich in einer schweren Lage befinden.

Für die Sozialhilfe sind der Staat und die Kommunalverwaltungen verantwortlich. Sie arbeiten mit anderen sozialen Organisationen, Kirchen, Stiftungen und gesellschaftlichen Gruppen zusammen.

Sozialhilfe wird gewährt, damit die grundlegenden Lebensbedürfnisse von einsamen Personen bzw. Familien befriedigt werden und damit sie ein menschenwürdiges Leben führen können. Als zweitrangiges Ziel will man die Empfänger motivieren und ihren Arbeitswillen wecken, um sie so wieder in die Gesellschaft zu integrieren.

Die Sozialhilfe kann von allen Polen in Anspruch genommen werden. Ausländer erhalten sie nur, wenn sie eine ständige Aufenthaltsgenehmigung oder den Flüchtlingsstatus vorweisen können.

Die Leistungen werden auf Antrag des Betroffenen, eines Vertreters oder einer anderen Person (die im Einverständnis des Betroffenen handelt) erbracht. In einigen Fällen kann die Sozialhilfe von Amts wegen erteilt werden.

Der Betreffende oder seine Familie können sich an das Sozialamt wenden, das für ihren Wohnort zuständig ist. So ein Amt befindet sich in jeder Gemeinde. Bevor über die Erteilung bzw. Verweigerung der Sozialhilfe entschieden wird, befragt ein Sozialarbeiter die familiäre Umgebung des Antragstellers. Die Entscheidung wird schriftlich mitgeteilt.

Im Rahmen der Sozialhilfe können folgende Leistungen erbracht werden

  • vorübergehende oder ständige Unterbringung in einem Heim
  • Auszahlung von ständigen Beihilfen und Sozialrente bzw. Leistungszulagen und vorübergehende Beihilfen
  • Übernahme der Sozialversicherungsbeiträge
  • Sonderzuschüsse (z. B. für Schulbücher oder Arzneimittel)
  • Hilfe in Sachwerten oder durch Kontakt mit der Natur
  • Unterkunft, Mahlzeiten, Kleidungsstücke für Bedürftige und Obdachlose
  • Organisieren und Führen von Erziehungszentren in Gemeinden, von Gemeinschaftsräumen und Klubs für Kinder sowie von geschützten Wohnungen
  • Vormundschaftsleistungen (einige werden direkt am Wohnort erbracht)
  • direkte Beihilfe bei erbrachter medizinischer Leistung für Obdachlose und andere Personen, die keine Einkünfte und nicht die Möglichkeit haben, sich gesetzlich zu versichern
  • direkte Beihilfe zur Deckung von Kosten, die infolge von Schicksalsschlägen entstanden sind
  • Sozialarbeit
  • Bestattungen (auch für Obdachlose)

Eine besondere staatliche Hilfe ist an Kinder und Jugendliche gerichtet. Es werden Adoptions- und Schutzzentren, Erziehungszentren, Erziehungsgruppen, Gemeinschaftszentren und Treffs für Kinder und Jugendliche zur Verfügung gestellt.

Wichtig ist auch die Vorbereitung und Weiterbildung für Sozialarbeiter. Es gibt u. a. Schulungen in Medizin und Recht sowie Seminare in Soziologie, Psychologie und sozialer Kommunikation.

Soziale Leistungen bekommen vor allem

  • Waise
  • Obdachlose
  • Mütter mit Kindern bzw. kinderreiche Familien
  • Arbeitslose
  • geistig- bzw. körperlich Behinderte
  • Alkoholiker und Drogensüchtige
  • Personen mit Anpassungsschwierigkeiten nach der Verbüßung ihrer Haftstrafe
  • Personen, die von Natur- und Umweltkatastrophen heimgesucht wurden
  • chronisch bzw. unheilbar kranke Menschen
  • Personen, die bei der Erziehung von Schutzbefohlenen sowie im Haushalt der Unterstützung bedürfen (insbesondere bei Alleinerziehenden bzw. in kinderreichen Familien)

Das Recht auf finanzielle Zuwendung haben Personen und Familien, deren Einkommen die gesetzlich vorgeschriebene Einkommensgrenze nicht übersteigt und auf die mindestens eine der o. g. Umstände zutrifft.