Papst Johannes Paul II. (1920 – 2005)

Papst Johannes Paul II. (1920 – 2005)
„John Paul II Medal of Freedom 2004“ von Eric Draper – whitehouse.gov. Lizenziert unter Gemeinfrei über Wikimedia Commons

Karol Wojtyła wurde am 18. Mai 1920 im Städtchen Wadowice nahe Krakau geboren. Sein Vater, ein ehemaliger Soldat, arbeitete als Beamter im Bereichswehrersatzamt, seine Mutter war Hausfrau. Karol hatte einen 14 Jahre älteren Bruder Edmund. Der Tod der Mutter, die am 13. April 1929 einer Herzkrankheit erlag, traf die beiden Söhne und ihren Vater außergewöhnlich hart. Vier Jahre später suchte die Familie die nächste Tragödie heim: Edmund, Doktor der Medizin, steckte sich im Krankenhaus von Bielsko mit Scharlach an und verstarb daran. Der Vater, der Karol den doppelten Verlust ersetzen wollte, nahm seinen Sohn öfters in die Berge mit und steckte ihn so mit seiner Wanderleidenschaft an, die beide in die Beskiden und in die Tatra führte.

Am staatlichen Marcin-Wadowita-Gymnasium bekam er 1938 so gute Abiturnoten, dass er ohne Aufnahmeprüfung ein Polonistikstudium an der philosophischen Fakultät der Jagiellonen-Universität Krakau aufnehmen konnte, wohin er mit seinem Vater umzog. An der Universität beschäftigte er sich weiterhin mit Literatur und spielte Theater. Schon im Gymnasium hatte er in einem Schultheater mitgewirkt, das vor allem Schullektüre aufführte: „Kordian“ von Słowacki, „Antigone“ von Sophokles und „Śluby panieńskie“ (Mädchenschwüre) von Fredro. Im ersten Studienjahr trat er einer literarischen Gruppe bei, die an der Universität tätig war. Am 15. Oktober 1938 debütierte er dort an einem literarischen Abend. Er nahm auch am Theaterunterricht teil und gehörte zur Gruppe „Studio 39“, die während der Krakauer Tage Juni 1939 die sehr beliebte Fabelkomödie „Kawaler Księżycowy“ (Mondkavalier) von Niżyński zeigte. Das Stück beruht auf der Krakauer Legende vom Zauberer Twardowski.

Nach dem Ausbruch des Krieges begann die Gestapo im November 1939 mit der Verhaftung polnischer Professoren, weshalb Karol Wojtyła seine Studien abbrechen musste. In dieser Zeit schrieb das auf dem Alten Testament basierende Gedicht „Hiob“. Von Oktober 1940 bis August 1944 arbeitete er im Steinbruch von Zakrzówek und in der Sodafabrik „Solvay“, was ihn vor der Deportation ein Arbeitslager nach Deutschland rettete. Er betätigte sich weiterhin mit Schriftstellerei und Theaterspiel. Mit seinem Freund Juliusz Kydryński organisierte er heimlich Konzerte, Vorträge und Sprachkurse in Privatwohnungen. Beide führte im Untergrund Theaterstücke auf. Auf diese Weise entstand das „Rhapsody-Theater“ von Mieczysław Kotlarczyk. Bis zum Ende der Besatzungszeit zeigte das Theater zehn Stücke, u. a. „Król Ducha“ (Des Geistes König) von Słowacki, „Hymny“ (Hymnen) von Kasprowicz und „Pan Tadeusz“ (Herr Thaddäus) von Mickiewicz.

Nachdem sein Vater verstorben war, spielte er 1941 erstmals mit dem Gedanken, dem Priesterseminar beizutreten. Im November 1942 trat er dem illegalen Seminar des Krakauer Erzbistums und der ebenso im Untergrund arbeitenden Theologischen Fakultät der Jagellonen Universität bei. Aufgrund der Verfolgung polnischer Priester durch die Deutschen musste er in den ersten zwei Studienjahren seine Berufung geheim halten – insbesondere nach dem „schwarzen Sonntag“ am 6. August 1944, als die Gestapo fast 7000 Geistliche verhaftete. Karol Wojtyła wohnte damals in der Tyniecka-Straße 10 und setzte seine Arbeit wie bisher fort.

Nach dem Krieg durfte das Seminar legal arbeiten. Karol Wojtyła führte bis 1946 als Assistent Seminare zur Geschichte des Dogmas. Am 1. November 1946 wurde er von Erzbischof Kardinal Sapieha zum Priester geweiht. Seine erste Messe hielt er in der Leonard-Krypta in der Krakauer Kathedrale im Schloss auf dem Wawel. Im gleichen Monat fuhr er nach Rom, um dort sein Studium an der päpstlichen Universität Angelicum fortzusetzen, wobei er im Belgischen Kollegium wohnte. In den Sommerferien nach dem ersten Studienjahr arbeitete er als Seelsorger unter polnischen Arbeitern in Frankreich, Holland und Belgien. Im zweiten Studienjahr begann er seine Doktorarbeit zum Thema: „Zagadnienia wiary u świętego Jana od Krzyża“ (Glaubensfragen des Hl. Johannes“). Nach der Verteidigung seiner Arbeit am 19. Juni 1948 konnte er den Titel Doktor der Theologie formal nicht bekommen, da ihm als polnischer Priester das Geld fehlte, um seine Arbeit zu veröffentlichen.

1948 kehrte er nach Polen zurück und wurde Vikar in der Gemeinde Niegowić. Dort unterrichtete er Religion, hielt morgens Gottesdienste ab und stand dem Pfarrer Kazimierz Buzala zur Seite. Abends las er Literatur – ein Hobby, das er nie ganz aufgegeben hat. Mit seiner Leidenschaft steckte er die Jugend an, die ein Laientheater gründete. Im März 1949 wurde Wojtyła nach Krakau in die Gemeinde des heiligen Florian versetzt. Dort gründete er einen gregorianischen Chor, mit dem er die Messe „De Angelis“ (Über die Engel) probte. Er sang dort selbst mit. Seine Chorsänger hat er mit seiner Leidenschaft und Liebe für die Berge angesteckt – so wanderten sie zusammen durch Gorce, die Ostbeskiden und die Beskiden. Sie organisierten auch gemeinsame Wanderfahrten mit dem Kanu in den Masuren. In der Krakauer Zeit sind auch Gedichte entstanden, die Wojtyla in der katholischen Wochenschrift „Tygodnik Powszechny“ unter den Künstlernamen Andrzej Jawień und Stanisław Andrzej Gruda veröffentlichte.

In Krakau bekam er schließlich den Doktortitel für Theologie sowie Sonderurlaub für seine wissenschaftliche Arbeit. 1951-53 arbeitete er an seiner Habilitation, die zwar 1953 von dem Rat der Krakauer Theologischen Fakultät akzeptiert, jedoch vom Bildungsministerium abgelehnt wurde. Deshalb musste er auf seinen Doktortitel noch bis 1957 warten. 1956 bekam er den Lehrstuhl für Ethik an der Katholischen Universität in Lublin. Am 28. September 1958 wurde er in der Kathedrale auf dem Krakauer Schloss zum Bischof geweiht. Aus dieser Zeit stammen auch seine bekanntesten Werke, mit denen er sich unter Theologen einen Namen gemacht hat: „Miłość i odpowiedzialność“ (Liebe und Verantwortung, 1960) und „Osoba i czyn“ (Person und Tat, 1969). 1962 und 1963 wirkte er an den Arbeiten zur 1. und 2. Sitzung des 2. Vatikanischen Konzils mit. Im Januar 1964 wurde er vom Papst Paulus VI. zum Krakauer Erzbischof und Metropolit berufen. Im November nahm er an der dritten Sitzung zum Vatikanischen Konzil teil. Dort fand eine Privataudienz beim damaligen Papst statt, mit dem er in den folgenden Jahren einen immer engeren Kontakt pflegte. Sie arbeiteten gemeinsam an der Enzyklika „Humanae vitae“ (1968). 1976 lud Paul VI. Kardinal Wojtyla ein, die Exerzitien zur Fastenzeit im Vatikan durchzuführen.

Nach nur 33 Tagen Amtsführung, am 29. September 1978, starb der Nachfolger von Paul VI., Johannes Paul I. Am 13. Oktober sind 111 Kardinäle im Konklave erschienen, um den nächsten Papst zu wählen. Nach einer dreitägigen Sitzung wurde Karol Wojtyła am 16. Oktober 1978 zum Papst gewählt – zum ersten Mal seit 400 Jahren war der Papst kein Italiener. An diesem Tag erschien nach dem Habemus Papam von Kardinal Pericle Felicie Johannes Paul II. zum ersten Mal am Fenster vom Petersdom und erteilte die Segnung „Urbi et Orbi“. Seinen Namen hatte er sich selbst ausgesucht.

Johannes Paul II. wird oft der reisende Papst genannt. Er führte zum ersten Mal in der Geschichte der Kirche gemeinsame Gebetszirkel für alle Konfessionen ein, nahm den Dialog mit den Juden auf und war auf über 200 Auslandsreisen, darunter häufig in Polen. Die Reform des kanonischen Rechts (1984), die Bearbeitung des neuen „Katechismus der katholischen Kirche“ (1992), die Umstrukturierung der römischen Kurie, zahlreiche Enzykliken sowie Heilig- und Seligsprechungen – all dies hat die Kirche unter Führung des polnischen Papstes geleistet. Zu den wichtigsten Grundgedanken des Pontifikats von Johannes Paul II. zählen: Achtung der Menschenrechte und des Rechts auf Arbeit, Kampf um den Frieden, Widerstand gegen totalitäre Systeme, neue Evangelisierung und weltweite Erneuerung sowie die Seelsorge für die Jugend.

Zu den bekanntesten Werken von Karol Wojtyła gehören: „Miłość i odpowiedzialność“ (Liebe und Verantwortung, 1960), „Osoba i czyn“ (Person und Tat, 1969), „Zagadnienia podmiotu moralności“ (Fragen zur Moral, 1991). Zu seinen schöngeistigen Werken zählen: „Przed sklepem jubilera“ (Vor dem Laden des Goldschmieds, aufgeführt 1981), „Brat naszego Boga“ (Bruder unseres Gottes, aufgeführt 1980) sowie „Poezje i dramaty“ (Dichtungen und Dramen, 1980).