Die Menschen und Lebensstile in Polen

Man kann ein Land durch die Fenster von Reisebussen und Hotelzimmern kennen lernen, und dadurch, dass man sich mit Informationen aus einem Reiseführer begnügt. Wenn man sich damit zufrieden gibt, dann verwandelt man sich als Tourist nach einer gewissen Zeit in eine Art Nachschlagewerk: Man kennt die Fakten, Daten, Zahlen und einzelne Bilder. Eine emotionale Beziehung zu den besuchten Orten kommt jedoch nur durch den direkten Kontakt mit den Menschen zustande. Erst das Kennen lernen ihrer Sitten, Kultur und Tradition macht es möglich, dass wir einzelne Gegenden in Erinnerung behalten.

Begegnungen mit Bewohnern anderer Länder sind ein herrliches Erlebnis. Vorausgesetzt, man verletzt sie nicht mit einem unpassenden Wort oder einer Geste. Man sollte auch die Kunst beherrschen, das Verhalten seiner Gastgeber richtig zu deuten, um komische und manchmal sogar bedauernswerte Missverständnisse zu vermeiden. Wir präsentieren Ihnen hier einen Reiseführer, der nichts über historische Denkmäler und Nationalparks erzählt, sondern Ihnen die Sitten und Mentalität der Polen nahe bringt.

Begrüßung

Die Polen begrüßen sich gern. Wenn einem als Ausländer die Aussprache von „cześć“ zu schwer ist, kann er sich auch der englischen Entsprechung „Hallo“ bedienen. Man wird ihn garantiert verstehen. Wenn wir zu einem Treffen kommen, schütteln wir der Person, mit der wir verabredet sind, die Hand. In größerer Gesellschaft gibt man natürlich nicht jedem Anwesenden die Hand. Die ersten Minuten vergehen üblicherweise damit, dass jeder jeden begrüßt. Das lockert die Atmosphäre und macht den Schüchternen das Leben leichter. Man sollte sich nicht wundern, wenn sich einige Gäste beim Begrüßen küssen. Das ist kein Zeichen von Liebe, sondern Ausdruck von Vertrautheit. Das richtige Maß verlangt der Begrüßungskuss, der in Wirklichkeit ein zartes Berühren der Wangen ist.

Sich vorstellen

Wenn man das erste Mal nach Polen reist oder Zeit mit Muttersprachlern verbringt, ist es hilfreich einige Vokabeln zu beherrschen, um sich mit einigen Sätzen vorzustellen. Wer das Polnische nur sehr wenig oder gar nicht beherrscht, kann das Deutsch-Polnische Wörterbuch von Woxikon als Hilfsmittel nutzen, um sich wichtige Vokabeln und einige Floskeln zusammenstellen. So fällt es einem nicht schwer „Ich heiße …“ und „Ich komme aus …“ zu sagen.

Worte und Gesten

Nach der Begrüßung knüpft man ein Gespräch an. In einer Gruppe von Menschen findet sich mit Sicherheit jemand, der Englisch spricht. Es ist die am häufigsten gesprochene Fremdsprache in Polen. Die anderen werden eifrig versuchen, dem Ausländer Polnisch beizubringen. Mit Sicherheit bitten sie ihn, folgenden Satz nachzusprechen: „W Szczebrzeszynie chrząszcz brzmi w trzcinie“ („In [der Ortschaft] Szczebrzeszyn brummt ein Käfer im Schilf.“ Sprich: F Schtschebscheschünnje chschonschtsch bschmi f tschtchinje). Er ist selbst für Polen ein Zungenbrecher. Ausländer können probieren es nachzusprechen, und sie werden damit die Versammelten in eine gute Stimmung bringen. Anschließend entwickelt sich vielleicht ein Gespräch mit Gesten und unter Verwendung der wichtigsten Verben im Infinitiv.

Vorname, Name und…

Man muss  sich an einen Polen unbedingt mit Frau (Pani) oder Herr (Pan) wenden. Wenn man sich auf das Nennen der Titel wie Direktor oder der Berufe wie Kellner, Fahrer oder Kassiererin beschränkt, wird das als unhöflich empfunden. Noch schlimmer klingt es, wenn man jemanden mit dem Nachnamen ruft. Nach den Worten „Kowalski, gib mir einen Teelöffel“ geraten wir in den Verdacht, Kowalski ohne Hochachtung zu behandeln. Die Form „Panie Kowalski“ ist annehmbar, doch in letzter Zeit hat sich die Verbindung von Pani / Pan mit dem Vornamen verbreitet. Wenn wir jemanden, den wir schon kennen, mit Pani Beato (Frau Beate) oder Panie Jacku (Herr Jacek) ansprechen, können wir sicher sein, damit niemanden zu verletzen.

Namenstag nicht vergessen!

Der Wechsel zum Du erleichtert nicht nur das Leben sehr. Er ist auch mit gewissen Verpflichtungen verbunden. Die wichtigste ist, sich an den Namenstag zu erinnern. Diese Feier ist für den Polen wichtig wie in keiner anderen Kultur, und sie wird auf besondere Weise begangen. Um peinliche Situationen in der Zukunft zu vermeiden, sollte man zum Kalender greifen und die entsprechenden Tage kennzeichnen. Die Polen feiern ihre Namenstage zu Hause, manchmal auch im Restaurant und ganz selten auf der Arbeit, was heute nur noch nach Dienstschluss passiert. Wenn wir das Namenstagskind persönlich treffen, sollten wir ihm unbedingt unsere Wünsche aussprechen. Kleine Geschenke wie Blumen, Bücher oder Plüschtierchen sind immer gern gesehen. Wenn man sich nur auf die Wünsche beschränkt, ist das auch kein Fauxpas. Am wichtigsten ist, und das wird man mehrfach hören, dass man daran denkt. Wenn wir denjenigen, der seinen Namenstag begeht, nicht persönlich sehen können, reicht ein Anruf. Auch per SMS oder E-Mail kann man seine Glückwünsche schicken. Er wird sich auf jeden Fall daran erinnern, was die Beziehung vertieft.

Alles für die Dame

Der Handkuss kommt langsam aus der Mode. Er ist jedoch noch nicht völlig verschwunden und man weiß nicht, wer sich noch an diese Sitte erinnert. Es kann ebenso gut der vornehme Greis sein, in dem die Seele des Salonlöwen erwacht, oder auch ein breitschultriger Jüngling. In solchen Momenten sollte die Angebetete Ruhe bewahren, ihre rechte Hand graziös und mit der Innenseite zum Boden leicht nach vorn strecken. Es ist möglich, dass „sie“ einige Wochen in Polen verbringt, ohne einen einzigen Handkuss zu bekommen. Übrigens: Jeder gut erzogene Pole wird einer Dame an der Tür den Vortritt lassen. Es ist eine allgemein bekannte Form, dem schönen Geschlecht Achtung zu zeigen. Selbst die radikalsten Vertreter der Gleichberechtigung werden hier nicht protestieren. Ähnlich versteht man Komplimente wie „Was für eine schöne Frisur!“, „Ihr Kleid sieht sehr elegant aus!“. Für Ausländerlinnen ist Polen ein außergewöhnlich freundliches Land, wo sich die Männer gern um Frauen kümmern und ihnen in der Straßenbahn einen Platz anbieten. Sie schenken ihnen auch gern Blumen oder laden sie zu einem Kaffee  ein.

Die Familie geht über alles

Wie Meinungsumfragen seit Jahren zeigen, ist den Polen von allen Werten ein harmonisches Familienleben am wichtigsten. Mit seiner Scheidungsrate liegt Polen im Europavergleich weit hinten, was mit Sicherheit auf die große Bedeutung der Religion im Leben der Polen zu tun hat. Aber nicht nur damit. Allen Polen ist ein harmonisches Familienleben mehr wert als Geld und ihre berufliche Stellung. Im Gespräch mit ihnen kann man den Eindruck bekommen, dass die polnische Familie ungewöhnlich groß ist. Das wäre aber ein großer Irrtum. In der Alltagssprache sagt man auch zur Schwägerin und Cousine Schwester, nennt den Cousin Bruder und bezeichnet Onkel und Tante als Freunde des Hauses. Das häufigste Familienmodell ist 2+2, wobei gewissenhafte Statistiker schon von 2+1,5 sprechen.

Proportional zum Rückgang des natürlichen Wachstums steigt die Zahl der vierbeinigen Haushaltsmitglieder. Man findet heute kaum noch einen Haushalt ohne Hund, Katze, Schildkröte, Kaninchen, Dackel oder weiße Maus.

Erholung

Eine der beliebtesten Freizeitbeschäftigungen ist der Spaziergang mit dem Hund. Immer öfter treiben die Polen auch Sport. Modern sind Radfahren, Fitnesstraining, Bowling oder Inlineskating. Populärer ist nur noch das Fernsehen, womit die Polen im Schnitt täglich vier Stunden verbringen. In den letzten Jahren haben sich sogar Ausflüge in Einkaufs- und Vergnügungszentren zu einem der beliebtesten Freizeitaktivitäten entwickelt. Ausländern sind sie jedoch nicht zu empfehlen, weil sich diese Großmärkte in nichts von denen in der EU oder in den USA unterscheiden. Man könnte ja ins Kino gehen. Eine gute Empfehlung sind die Theater und Konzertsäle. Doch Vorsicht – die Polen betrachten z. B. einen Theaterbesuch als ein außergewöhnliches Ereignis, weshalb sie sich dafür elegant kleiden, sofern es sich nicht um ein Avantgarde-Theater handelt. Wer nicht unangenehm auffallen will, sollte besser nicht im T-Shirt und in zerrissenen Jeans ins Theater kommen. Für einen Gang in die Stadt ist so ein Outfit allerdings ideal.

Unterwegs

In Polen gibt es weniger Autos als im Westen. Um jedoch in allen größeren Städten Staus zu verursachen, reichen sie allemal. Deshalb sollte man für einen Ausflug ins Grüne genug Geduld mitbringen. Besonders, weil die Straßen immer stärker verstopft sind.  Man muss sich an eine große Zahl von Lastzügen auf den nicht allzu breiten Straßen gewöhnen, denn fast jeder Lkw, der zwischen Ost- und Westeuropa verkehrt, fährt durch Polen. Für die eigene Sicherheit ist es besser, keine Wettrennen mit ihnen zu veranstalten und schon bei der Reiseplanung zu berücksichtigen, dass man langsamer als auf den Straßen der EU fährt. Wer die vorgeschriebene Geschwindigkeit überschreitet, muss ohnehin damit rechnen, mit einer der zahlreichen Polizeipatrouillen in Kontakt zu kommen. Die Strafzettel sind sehr teuer und können die Reisekosten nach Polen erheblich steigern.

Zwischen den größten Städten verkehren schnelle Intercity- und Eurocity-Züge. Es lohnt sich also abzuwägen, ob man vier bis fünf Stunden im Auto verbringen will, wo man doch die gleiche Strecke mit dem Zug in der Hälfte der Zeit schaffen kann. Das ist besonders an Wochenenden wichtig, wo die Abreise und besonders die Rückkehr in die Stadt wegen der Staus wirklich lange dauern kann. Wenn man unterwegs Hunger bekommt, kann man sich außerdem in eins der zahlreichen Zugrestaurants setzen. Allerdings ist die hausgemachte polnische Küche durch nichts zu ersetzen.

Auf Diät

Viele Polen kochen das Mittagessen zu Hause. Sie sagen, man könne kein Restaurant mit dem vergleichen, was ihren Händen gelinge. Wie aus Statistiken hervorgeht, sind die Polinnen ständig beim Abnehmen, weshalb sie vor dem Auftragen der Speisen gern über ihre Diät erzählen. Dabei sollte man ihnen freundlich zuhören, nicken und geduldig auf die von ihnen zubereiteten Delikatessen warten. Abnehmen bedeutet im polnischen Verständnis nicht etwa, dass man am Essen spart. Das Frühstück ist ganz anständig. Das Mittagbrot wird gewöhnlich nach der Heimkehr von der Arbeit gegessen und ist noch deftiger. Nur das Abendbrot ist etwas bescheidener. Vorausgesetzt, dass keine Gäste eingeladen wurden. Dann nämlich gilt das Prinzip, dass sich die Gäste von allen Lebensmitteln bedienen können, die im Hause sind.

Reich gedeckter Tisch

In Frankreich kann man nicht alle Käsesorten aufzählen und in Polen nicht das, was es an Würsten und Aufschnitt gibt. In letzter Zeit hat sich unter den Fleisch essenden Polen das Grillen zu einer modernen Form des Festmahls entwickelt. Fleisch wird fast überall gebraten – auf dem Wochenendgrundstück, im Garten, auf dem Rasen vorm Haus und manchmal sogar auf dem Balkon. Besondere Anlässe, z. B. wenn ein ausländischer Gast zu Besuch kommt, erfordern jedoch die Vorbereitung aufwendiger Gerichte, die man nirgendwo anders findet. Nach Polen zu kommen, ohne das aus Sauerkraut, Kohl und verschiedenen Sorten gehackten Fleisches zubereitete Bigos zu kosten, das wäre wie ein Paris-Besuch ohne Eiffelturm-Besteigung. Einst war Bigos ein Gericht der Jäger, das man nach der Jagd reichte. Heutzutage kann es jeder bekommen.

Die Traditionalisten, die außer den Spezialitäten aus der eigenen Küche nichts zu sich nehmen wollen, können völlig bedenkenlos nach Polen reisen. Hier werden sie leicht Restaurants finden, die japanische Sushi, mexikanische Taco, amerikanische Beefsteaks und griechische Salate servieren. Einzige Ausnahme sind Meeresfrüchte, auf die die Mehrheit der Polen nicht steht. Bei einem Besuch in den Bergen sollte man unbedingt den Schafskäse Oscypek probieren, den es in dieser Art an keinem anderen Ort der Welt gibt. Er hat die Form von zwei miteinander verbundenen Kegeln. Und weil für die Bergbewohner neben der Qualität auch die Ästhetik zählt, sind diese Käsestückchen mit schönen Ornamenten verziert. Oscypek ist nicht nur eine Köstlichkeit, sondern auch ein schönes Reiseandenken aus Polen.

Zum Wohl der Gäste

Bier ist bei Polen viel beliebter als reiner Alkohol. Man braucht als Ausländer nicht mehr zu befürchten, dass man unbedingt starken Wodka trinken muss. Auf Partys dominieren Wein und Cocktails. Und wenn man Bekannte besucht, kann man ruhig darum bitten, den Wodka mit Orangensaft oder Cola zu verdünnen. Das wird niemand komisch finden. Genauso normal ist es, wenn man höflich ablehnt, überhaupt Alkohol zu trinken. Wenn man sich aber doch für diesen Genuss entscheidet, sollte man sich auf Toaste vorbereiten. Der erste kommt gewöhnlich vom Gastgeber: „Auf die Gesundheit meiner Gäste.“ Wie man sich leicht denken kann, trinken die Gäste dann auf die Gesundheit des Gastgebers. Danach ist der Fantasie schon freier Raum gelassen und man kann auf alles einen Trinkspruch ablassen, was einem in den Sinn kommt. Auf das nächste Zusammensein, auf die gelungene Heimkehr und vor allem auf die Gesundheit der Frauen.

Die Nationalgetränke der Polen sind allerdings keine Drinks, sondern Tee und Kaffee. Kaum hat man als Gast irgendwo die Schwelle überschritten, da wird man schon gefragt, ob man Tee oder Kaffee möchte. Es gibt zwar gefilterten Kaffee. Viele Traditionalisten übergießen jedoch die gemahlene Bohne mit kochendem Wasser. Tee wird mit Zucker und Zitrone gereicht. Meist in einem Glas.

Gast im Haus, Gott im Haus

Wenn man am Tisch sitzt, sollte man die Gastgeber für den herrlichen Empfang loben. Die Polen sind davon überzeugt, dass sie zu den außergewöhnlich gastfreundlichen Nationen gehören. Und sie lieben es, darin bestätigt zu werden. Das kommt nicht von ungefähr. In der Vergangenheit pflegten ihre Vorfahren zu sagen: „Gast im Haus, Gott im Haus“, was bedeutet, dass man dem Gast nur das Beste anbieten soll. Wenn das Beste gerade fehlte, dann wich man auf die nächste Maxime aus: „Nobel geht die Welt zugrunde“. So passierte es, dass man sich für die Bewirtung Schulden auflud, an denen man noch Jahre zahlte. Das Verlangen, den Gast glücklich zu machen, besteht bis heute. Heutzutage hat sich viel geändert. Ein bescheiden gedeckter Tisch führt aber wie schon vor Jahrhunderten zu regen Diskussionen.

Abendliche Gespräche von Polen

Um des lieben Friedens willen sollte man keine Diskussion über Politik anregen. Einst ergaben sich Diskussionen durch die Geschichte und das Leben an sich. Im 19. und 20. Jh. war Polen nur 32 Jahre unabhängig (1918-39 und seit 1989). So drängten sich die Gesprächsthemen geradezu von selbst auf. Ihr Inhalt waren die Betrachtung aktueller Missgeschicke und die Erinnerung an die guten alten Zeiten. Selbstverständlich war der nächste Schritt die Suche nach den Schuldigen dafür, dass sich die verklärte Vergangenheit in einen grauen Alltag verwandelt hatte. Jeder hatte dazu eine andere Meinung. Man sagte: „Wenn zwei Polen diskutieren, entstehen drei Parteien“. Das bedeutet, dass jeder Pole seinen Standpunkt hat. Über Generationen hat sich eine Mentalität gebildet, von der man sich heute nur schwer lösen kann, obwohl sich Polen schon unter dem schützenden Schirm der Nato befindet und auf die Integration in die EU vorbereitet. Ein Ausländer, der sich unbedacht auf eine politische Diskussion einlässt, sollte auf jedes Wort achten. Die Polen kennen ihre Schwächen ganz genau, wollen aber nicht von Fremden daran erinnert werden. Wenn die Atmosphäre brenzlig wird, sollte man lieber sofort das Thema wechseln und z. B. fragen, wie es den Polen unter solch schweren Bedingungen gelingt, auf europäischem Niveau zu leben. Dann kommt die Antwort, dass man sich eben immer zu helfen wissen müsse.

Große Improvisation

Nicht ohne Grund ist die „Große Improvisation“ eines der größten nationalen Werke des Dichters Adam Mickiewicz. Die Polen wussten sich in außergewöhnlichen Situationen, für die man Kräfte mobilisieren musste, immer besser zu helfen als im Alltag. Im Angesicht der Gefahr haben sie europaweit die erste und nach der amerikanischen weltweit die zweite Verfassung verabschiedet. Doch sie vermochten nicht, diese zu wahren.

Deshalb improvisierten sie später in der Zeit der Aufstände und Kriege sowie am Runden Tisch, wo der Aufbau einer Demokratie seinen Anfang nahm. Der eigentliche Aufbau, welcher große Anstrengungen und Ausdauer erforderte, ist ihnen schwerer gefallen. Die Fähigkeit, sich in jeder schwierigen Situation zu helfen zu wissen, ist weiterhin für Polens ausländische Gäste und Geschäftspartner nützlich. Wenn ein Pole etwas wirklich will, dann schafft er das auch. Die Frage ist nur – wie es der berühmte polnische Dichter Stanisław Wyspiański formulierte – ob er es „wirklich will“.

Arbeit und Bezahlung

Die Kombination des polnischen Hangs zur Improvisation mit der westlichen Verwaltungstechnik brachte interessante Ergebnisse. Ambitionierte, erfolgsorientierte junge Menschen haben sich zu leistungsfähigen Managern entwickelt. Sie arbeiten sehr intensiv, ohne dabei auf ihren gesetzlich geregelten Feierabend zu pochen. Es zählen das Ziel und die Ergebnisse und nicht bürokratische Vorschriften. Auch Arbeiter und Angestellte schätzen ihre Arbeit. Sie erledigen sie mit dem gleichen Eifer, um sie nicht zu verlieren. In der polnischen Statistik der Ängste steht die Angst vor der Arbeitslosigkeit an erster Stelle. Die Frage nach dem Verdienst ist nicht sehr sinnvoll, wenn fast jeder sagt, was er auf die Hand verdient, zu klagen beginnt und seine Kaufkraft mit der seines Kollegen in der EU vergleicht.

Polens Betriebsamkeit und Unternehmensgeist finden im Handel ihren besten Ausdruck. Dort, wo man es am wenigsten erwartet, gibt es einen Basar: Im Stadion in Warschau ist z. B. der größte von Europa. Basare findet man aber auch in Städten auf zentralen Plätzen oder auf dem freien Felde. Dorthin zieht es Kaufleute aus der ganzen Welt, von Peru bis Korea. Übrigens sind besonders in Supermärkten die meisten Produkte mehrsprachig gekennzeichnet, was das Einkaufen sehr leicht macht. Ebenso bequem ist es mit der Bezahlung. Es gibt zahlreiche Wechselstuben, Banken und Geldautomaten, wo man Zloty bekommen kann. Außerdem akzeptiert jede größere Einrichtung Kreditkarten.

Was man über Polen wissen sollte

Das Klima ist wechselhaft. Vier Jahreszeiten sind klar zu unterscheiden. Der Frühling ist voller Überraschungen. März und April sind entweder warm und sonnig oder kalt und verregnet. Selbst Schnee ist möglich. Im Sommer ist es warm, manchmal verregnet. Es ist die beste Jahreszeit für Polen-Besuche. Der Herbst kommt bunt und sonnig daher und ist deshalb ideal für Liebhaber von Waldwanderungen. Allerdings muss man zum Ende hin mit Regen rechnen. Im Winter schwankt die Temperatur um null Grad. Eine Garantie für Schnee gibt es nur in den Gebirgen. Wegen der Launen des Wetters gehört die Vorhersage im Fernsehen zu den meist gesehenen Programmen.

Krankenversicherung: Man sollte sich bei seiner Versicherung erkundigen, welchen Schutz man für Polen braucht, da die private Behandlung in Polen teuer ist. Die Apotheken haben ein umfangreiches Angebot.

Kirchen: Für Besuche von Gotteshäusern sollte man nicht die Sonn- und Feiertage wählen, da die Polen ein sehr religiöses Volk und die Kirchen während der Messen überfüllt sind. Ganz zu schweigen vom Fotografieren in dieser Zeit. Man sieht es auch nicht gern, wenn jemand beim Kirchenbesuch zu locker gekleidet ist.

Telefonieren: Polen wird durch die Netze von drei Mobilfunkanbietern abgedeckt. Auslandsgespräche vom Festnetz aus sind im Europavergleich mit am teuersten.

E-Mail: In jeder größeren Stadt gibt es Internet-Cafés. Inzwischen haben auch die meisten Unternehmen Internetzugang und die Zahl der privaten Internetnutzer steigt.

Sicherheit: Die Verbrechensrate Polens gehört zu den niedrigsten in Europa. Trotzdem ist es besser, abends bestimmte Stadtteile zu vermeiden, vor denen Reiseführer und Bekannte gewarnt haben. Das Wegreißen von Taschen wird eher nicht vorkommen. Allerdings sollte man sich besonders in überfüllten Straßenbahnen, Bussen und Zügen vor Taschendieben vorsehen. Auf keinen Fall darf man das Radio oder andere wertvolle Gegenstände im Auto lassen.