Judikative
Die unabhängige Rechtsprechung üben die Gerichte unter Leitung des Obersten Gerichts gemeinsam mit dem unabhängigen Staatsgerichtshof und dem Verfassungsgerichtshof aus.
Oberstes Gericht
Es beaufsichtigt die Tätigkeit bei Entscheidungen an folgenden Gerichten:
- Ordentliche Gerichte: Kreis-, Woiwodschafts- und Berufungsgerichte. Sie befassen sich mit Angelegenheiten im Zivil-, Straf-, Familien- und Arbeitsrecht.
- Militärgerichte: Garnisons- und Kreisgerichte. In ihren Bereich fallen Verbrechen, die von Soldaten während ihres aktiven Dienstes, von zivilen Mitarbeitern in militärischen Einheiten und Kriegsgefangenen verübt wurden.
- Verwaltungsgerichte: sie sind ein gesondertes System von Gerichten, die beurteilen, ob die von Verwaltungsorganen getroffenen Beschlüsse mit dem Gesetz vereinbar sind. Das betrifft auch Sachen zwischen juristischen Personen oder Bürgern und Verwaltungsorganen.
Das Oberste Gericht ist ein Berufungsmittel von Gerichten der ersten oder zweiten Instanz, zur so genannten Kassation. Es fasst auch Beschlüsse, deren Ziel die Klärung gegebener Rechtsvorschriften und die Entscheidung über Zweifelsfragen ist.
Die Richter des Obersten Gerichts ernennt der Präsident auf unbefristete Zeit. Dies erfolgt auf Antrag des Landesrates für Gerichtswesen. Unter den Kandidaten, die für die Generalversammlung der Richter des Obersten Gerichts vorgeschlagen sind, wählt der Präsident den ersten Vorsitzenden des Obersten Gerichts. Amtszeit: maximal sechs Jahre. Auf Antrag des Präsidenten kann ihn der Sejm abberufen.
Verfassungsgerichtshof
Das Verfassungsgerichtshof ist ein Gerichtsorgan, dass Auseinandersetzungen darüber klären soll, ob die staatlichen Organe verfassungsgemäß handelten. Hier kontrolliert man hauptsächlich die Verfassungsmäßigkeit des Rechts. Der Verfassungsgerichtshof beurteilt die Vereinbarkeit der Gesetze und internationalen Vereinbarungen mit der Verfassung. Darunter fallen auch ratifizierte Verträge. Er urteilt auch über Kompetenzstreitigkeiten zwischen zentralen verfassungsmäßigen Staatsorganen sowie über die Vereinbarkeit der Ziele und Tätigkeit politischer Parteien mit der Verfassung. Und schließlich urteilt er auch über Verfassungsklagen.
Die 15 Richter, aus denen sich der Verfassungsgerichtshof zusammensetzt, werden vom Sejm für neun Jahre gewählt. Sie sollen völlig unabhängig sein, womit der Verfassungsgerichtshof eine der formellen Garantien für die Rechtssicherheit im Lande darstellt. Die Unabhängigkeit des Verfassungsgerichtshof wurde nach der Parlamentswahl 2015 und der Regierungsübernahme durch die Partei PiS stark eingeschränkt. In dieser Zeit der Polnischen Verfassungskrise erließ die PiS-Partei mehrere Gesetze, um Richter und Staatsanwälte des Verfassungsgerichtshofs u.a. mithilfe einer Disziplinarkammer sanktionieren oder ersetzen zu können. Die Regierungspartei hatte somit die Möglichkeit, legislative Entscheidungen zu ihren Gunsten zu erwirken. Infolge dieses Eingriffs in das System der demokratischen Gewaltenteilung wurde vom Europäischen Gerichtshof im Jahre 2021 gegen Polen ein Zwangsgeld in Höhe von 1 Million Euro pro Tag verhängt. Das Urteil auf Basis des europäischen Rechtes, bzw. das Zwangsgeld sollte solange aktiv bleiben, bis die Regierung die Unabhängigkeit ihrer Legislative wiederherstellt.
Staatsgerichtshof
Die verfassungsrechtliche Verantwortung vor dem Staatsgerichtshof aufgrund von Verstößen gegen die Verfassung, gegen ein Gesetz oder wegen Begehung einer Straftat tragen die höchsten Personen im Staat: der polnische Präsident, die Regierungsmitglieder, der Präsident der Obersten Kontrollkammer und der Präsident der Polnischen Nationalbank (NBP), die Leiter zentraler Behörden u. a.
Der Staatsgerichtshof kann Urteile fällen wie z. B. Amtsenthebung, Verbot einer Leitungsfunktion, Verlust des aktiven und des passiven Wahlrechts sowie die Aberkennung von Orden, Auszeichnungen und Ehrentiteln. Bei einer Straftat darf er auch Urteile fällen, die das Strafrecht vorsieht.
Die Zusammensetzung des Staatsgerichtshofs wird auf der ersten Sitzung des Sejm für die Wahlperiode des Sejms festgelegt. Der Erste Präsident des Obersten Gerichts ist von Amts wegen Vorsitzender des Staatsgerichtshofs. Seine zwei Stellvertreter und die 16 Mitglieder dürfen weder Abgeordnete noch Senatoren sein. Sie müssen die polnische Staatsbürgerschaft haben und dürfen nicht rechtskräftig verurteilt sein. Auch die bürgerlichen Rechte dürfen ihnen nicht aberkannt worden sein. Ferner dürfen sie nicht in der öffentlichen Verwaltung beschäftigt sein.